Es gibt keine Wahrheit, sagen sie. Unser Denken erschafft unsere Realität, sagen sie. Die Wirklichkeit – nur eine willkürliche Übereinkunft der Menschen.
Sehen wir erstmal davon ab, dass diese “Übereinkunft” von Mächtigen aufgezwungen wird, und zwar zu deren Nutzen, nicht zu Ihrem. Woher kommt diese Ansicht, Wahrheit sei relativ, nichts wäre objektiv und alles wäre vom Denken des Betrachters abhängig?
Im Kern geht es zurück auf Hegel. Seine Philosophie der puren Nützlichkeit, der sich alles andere unterzuordnen hätte, inspirierte Nietzsche zu seiner “Umwertung (und Entwertung) aller Werte”, und es ist daraus resultierend ganz unmittelbar Nietzsches Gedankengut, das sich dann und bis heute in diesem “Es gibt keine objektive Wahrheit, alles ist relativ” wiederfindet.
Hegel, das schlimmste Unglück, das Deutschland in die Welt gebracht hat, denn einerseits ist er direkter Inspirator für Marx und dessen mörderische Ideen, und andererseits via Nietzsche die Legitimation für Hitlers eugenische Manie; Hegel war ein furchtbar unglücklicher Mensch in einer furchtbar unglücklichen Ehe. Was mich allerdings rein gar nicht wundert, denn ein Mensch, der die Liebe in reinem Zweckdenken zerpulvert, der kann ja nur unglücklich sein. Und eine unglückliche Ehe haben.
Nietzsche aber war von Hegels Lehren fasziniert. Seine drastischen gesundheitlichen Leiden (Augenprobleme bis zur am Ende fast vollständigen Erblindung, entsetzliche Kopfschmerzen / Migräne mit Bewusstlosigkeit, und sich nach “Morbus Crohn” anhörende schlimme Magen-Darm-Störungen), von Kind an, ließen Nietzsche Anfang Zwanzig an Gott verzweifeln. Der Nihilismus von Hegel bot willkommene Ausflucht. “Gott ist tot”, postulierte Nietzsche fortan, suhlte sich regelrecht darin, wieder und wieder.
Sein ihn außerdem, zusätzlich zu den immer schwerer werdenden körperlichen Krankheiten, ereilender fortschreitender geistiger Verfall (vielleicht weil sein Körper ihn verrückt machte, vielleicht aber auch, weil jedes Denken nun einmal einer Grundlage bedarf) findet sich für den aufmerksamen Leser als roter Faden in seinen Büchern. Und nachdem er dann endgültig kollabierte und die nächsten 12 Jahre oder so einen schrecklichen und qualvollen Wahnsinn zu erdulden hatte, bis er endlich sterben durfte, sagte Gott: “Nietzsche ist tot.”
Das also ist der Vater des “Alle Wahrheit ist relativ” (»Tatsachen gibt es nicht, nur Interpretationen« Nachgelassene Fragmente, Sommer 1886 – Herbst 1887, Abschnitt 9). Nun ja. Aber hatte Nietzsche denn recht? Woraus entspringt dieser Gedanke, worin gründet er sich?
“Eine Fliege fliegt in das Netz einer Spinne. Für die Fliege ist das schlecht. Für die Spinne gut.”
Hmmm. Offenbar ist es tatsächlich völlig relativ, wie die Wirklichkeit, was die Wahrheit ist, ist es nicht?
Aber das scheint nur so. Es ist eigentlich ein sprachlicher Mangel, den fast alle Sprachen der Welt teilen (Sanskrit* nicht, aber sonst).
Denn ja, es liegt im Auge des jeweiligen Betrachters (Spinne oder Fliege), ob das Ereignis gut oder schlecht ist. Aber wissen Sie, was trotzdem absolut unbestreitbar und super-objektiv wahr ist? Dass die Fliege in das Netz der Spinne geflogen ist.
Hier werden also zwei unterschiedliche Bedeutungen in einen Begriff vermengt. Die objektive Wirklichkeit und die Bewertung dieser Wirklichkeit durch den Betrachter. Beides bezeichnen wir landläufig als “Wahrheit”, doch das sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Denn sicher ist es aus Sicht der Fliege vollkommen wahr, dass das Netz für sie schlecht ist. Trotzdem ist das keine absolute Wahrheit, sondern nur (der Fliege) subjektive Beurteilung der Wirklichkeit.
Ich will Ihnen noch kurz vorführen, dass es ohne absolute Wahrheit gar keine Wahrheit mehr gäbe, noch nicht einmal relative: Warum ist es eigentlich für die Fliege schlecht, für die Spinne aber gut? Wie kommen die beiden überhaupt zu ihrem jeweiligen Urteil?
Nun, hinter beiden Urteilen steht eine absolute Wahrheit: “Das Leben ist das Wertvollste, das Einer besitzt”. Würde nun jemand behaupten wollen, auch dies sei aber nur “relativ”, und läge nur im Denken des Betrachters, so erkennen Sie sofort, dass auch keinerlei relative Wahrheit dann mehr möglich ist. Weder die Fliege noch die Spinne hätten irgendeinen Maßstab, um zu einer Bewertung der Wirklichkeit für sich zu kommen. Es wäre wie ein Spiegel in einem Spiegel, sich undeutlich verlierend in unendlicher Ungewissheit – und nur im Wahnsinn noch zu ertragen.
Sprich, die relative Bewertung der Wirklichkeit existiert natürlich, muss existieren, aber sie kann nur auf Basis objektiver Wahrheit erfolgen.
Warum erzähle ich Ihnen das alles, werden Sie vielleicht fragen? Sehen Sie, die Mär von der angeblich ausschließlich existierenden relativen Wahrheit wird brutal gegen Sie verwendet. Wer die Macht hat, irgendeine Interpretation der Wirklichkeit durchzusetzen und diese allen aufzuzwingen, der will und wird das ausnutzen zu seinem Vorteil, und zu Ihrem Nachteil.
Bewerten Sie also bitte alle Verlautbarungen der Machtheinis im Licht der ewigen und unwandelbaren Gewissheit Gottes. Dann erkennen Sie sofort, wer Sie entrechten, berauben, oder gar töten will; und welche Waffen er einsetzt, um Ihren Geist so sehr zu verwirren, dass Sie das mit sich machen lassen sollen wie ein braves Schaf.
*) In Sanskrit gibt es distinkte Begriffe: “Maya” (Perzeption der Wirklichkeit) und “Akash” (Ursprung der Wirklichkeit)