Als die seltsamen neuen Sterne am Himmel erschienen, und unmerklich, aber dennoch, jeden Tag ein winziges Bisschen größer wurden, da endete aller Zwist auf der Welt. Natürlich nicht sofort, in den kriegerischsten Nationen mit ihren verbissenen Streitereien dauerte es länger. Ohnehin, man konnte die seltsamen Sterne leicht vergessen, denn wenn man nur ein paar Tage hinsah, so schienen sie sich überhaupt nicht zu verändern.
Aber wenn man dann nach ein paar Wochen wieder in den nächtlichen Himmel blickte, da kam einen ein Gruseln an, denn die Sterne wuchsen und wuchsen und wuchsen. Und als es dann soweit geworden war, dass man die neuen Sterne auch am Tage sah, da endlich war Weltfrieden und alle wussten, was die Stunde geschlagen hatte. Wie leicht der Frieden doch ist, wenn es der Frieden des Grabes ist.
Nach einer langen Nachrichtensperre entschieden sich nun endlich die Regierungen, den Leuten reinen Wein einzuschenken. Die seltsamen Sterne, die man sah, das waren nur ein paar wenige eines ganzen Meteoritenschwarms. Der sichtbare Teil des Unheils, welches auf die Erde zuraste, das waren Kometen mit Schweif, aber die waren selten, die meisten anderen des Schwarms waren dunkel, und die größten Brocken waren unter den unsichtbaren.
In den Annalen des Volkes war keine schlimmere Zeit verzeichnet, als die Zeit des Throns. Man hatte der Krankheit damals diesen Namen gegeben, um alle unter die Fuchtel einer zahlenmäßig winzigen Verbrecherbande zu zwingen. Und auf diesem Thron wollte am Ende die Verbrecherbande sitzen, und dafür richteten sie ein beispielloses Massaker an. Viele Millionen waren gestorben, und noch viele Millionen mehr waren blind, lahm, oder nervenkrank. Sogar zuvor völlig gesunde Leistungssportler saßen auf einmal im Rollstuhl.
Für das Volk hatte es noch nie einen härteren Kampf gegeben als diesen, aber es hatte obsiegt. Doch um welchen Preis … der Zeit des Throns schlossen sich die Jahre der großen Trauer an.
Obwohl die Erinnerung an eine Regierung, die das Volk in Lüge und Unwissenheit hielt, aus der Zeit des Throns noch in zahllosen Erzählungen lebendig war, nahm es dennoch zuerst niemand übel, dass man das Volk so lange im Unklaren gelassen hatte. Denn die Regierung war nicht untätig gewesen, und hatte eine Vielzahl von Schutzeinrichtungen erbaut. Niemand konnte vorhersagen, wo die Meteore genau einschlagen würden, man wusste nur, dass der Planet nahezu gleichzeitig 30 bis 35 schwere Treffer abbekommen würde, und je nachdem, wo diese Treffer exakt liegen würden, würden an manchen Orten rasende Feuersbrünste, an anderen Erdbeben, oder Überschwemmungen das Volk heimsuchen. So hatte man Schiffe gebaut, die jedes 100 Tausend Personen aufnehmen konnten, und große Notunterkünfte in die Felsen von Gebirgen gehauen. Aber auch unterirdische Bunker hatte man gegraben, riesige Anlagen mit enormen Nahrungsmittelvorräten, in denen einem sowohl Feuer als auch Wasser nichts anhaben konnten.
Trotzdem, der Großteil der 17 Milliarden würde ungeschützt den Einschlag erleben müssen, denn es war nur möglich, einen kleinen Teil in solche gesicherten Zonen zu bringen. Und keiner wusste, ob die Schiffe der richtige Ort waren, die Tunnel, die Höhlen. Es wurde global gelost, aber niemand erfuhr, wer gewonnen hatte. Man konnte es sich zwar denken, denn manche verschwanden spurlos, vielleicht hatte man sie in die Schutzräume verbracht. Aber in jenen rasenden Tagen wurden soviele des Volkes verrückt, dass es keiner mit Sicherheit sagen konnte, ob jemand in der Arche Noah-Lotterie gewonnen hatte – oder seine Überreste in einem Wald, in welchem er sich in seinem verzweifelten Irrsinn verlaufen hatte, dahinmoderten.
Der erneute, wie schon seit Jahrmillionen, Einschlag des Leoniden-Meteorschwarms, dessen Bahn der Planet alle 12 Tausend Jahre kreuzte, war für nur noch zwei Monate in der Zukunft berechnet, als ein silbernes Leuchten zugleich über den 5 größten Metropolen des Planeten erschien, und ein goldenes über dem höchsten Berg dieser Welt. Das Leuchten wurde Form, und es waren Raumschiffe aus einer fernen Zivilisation.
Wie die Fremden es bewerkstelligen konnten, wusste niemand, aber sie vermochten es, mit Allen gleichzeitig zu reden, in einer Sprache, die jeder verstand. Und keinerlei technisches Gerät war nötig, um die Botschaft der Fremden zu empfangen. Die Wissenschaftler des Volkes begriffen zwar schnell, dass es eine gerichtete Modulation von hochfrequenten Wellen war, die sich direkt in den Köpfen manifestierte. Wie es jedoch möglich war, dass diese Modulation in jeder Sprache der Welt gleichzeitig reden konnte, das verstanden selbst die klügsten Denker nicht.
“Seid gegrüßt, Volk dieser Welt”, sagte Esmaniom. Er stellte sich vor. Er sei der Kommandant dieser Expedition, die seine Heimat große Mühe, Zeit und Material gekostet habe. Aber sie hätten diesen Schwarm schon 5 mal gesehen in der Fernerkundung ihrer Astronomie, und die entsetzlichen Folgen, die dieser Schwarm jedesmal anrichtete. Und nun waren sie gekommen, denn die Fremden konnten es nicht verstehen, dass dieses Volk soviel Krieg führte und sich gegenseitig tötete, wo es doch so viel sinnvoller wäre, sich rechtzeitig gegen die Bedrohung der 12 Jahrtausende zu wappnen.
Natürlich dachten alle zuerst, dies sei ein Zeichen des Himmels, die Fremden würden die Meteore besiegen können, aber so weit reichte auch die Macht der Fremden nicht. Ja, sie hatten einmal von einem Volk gehört, das so starke Waffen aufbieten könnte, aber erstens wüssten sie nicht, wo die zu finden wären, und zweitens erst recht nicht, ob die überhaupt helfen wollen würden. Dass man sich nämlich auf dieser Welt ständig gegenseitig die Köpfe einschlug, anstatt sich der Erforschung der wunderschönen Schöpfung Gottes zu widmen, das war in diesem Sektor der Galaxie weithin bekannt, und im Allgemeinen machten, aus nackter Angst, alle einen großen Bogen um diese Welt. Und ohnehin seien Meteorschwärme selbstverständlich besonders streng geschütze Wunder Gottes, und um in dergleichen einzugreifen, hätte es schon eines sehr, sehr guten Grundes bedurft. Den das blutrünstige Volk nicht zu bieten hatte.
Nein, die Fremden hatten ihre außerordentlich stark geschützte kleine Forschungsflotte zusammengestellt, um endlich eine Antwort auf die Frage zu finden, warum die Leute dieser Welt so verrückt handelten. 12 Tausend Jahre Zeit, um sich auf ein völlig vorhersehbares astronomisches Ereignis einzustellen, und schon wieder würde nur eine kleine Minderheit überleben, aber eine riesige Zahl sterben. Das war doch völlig widersinnig, warum machte jemand so etwas?
Natürlich, fügte Esmaniom hinzu, wenn ihnen etwas einfallen würde, dann wären sie schon bereit, ihre Angst vor dem Blutdurst des Volkes dieser Welt zu überwinden, und mit ihm gemeinsam zu versuchen, eine rettende Lösung zu finden. Aber es sei nahezu ausgeschlossen, dass es etwas Rettendes noch geben könne, alleine der Faktor Zeit mache jeden Gedanken daran absurd.
Es war ein halbwüchsiges Computer-Kid, das die entscheidende Idee hatte. Die Fremden sollten doch bitte die streng geheimen und besonders gesicherten Daten der globalen Lotterie beschaffen und analysieren, ob Muster darin zu erkennen wären. Und dann endlich fand man sie, jene Clans der Zehntausend, deren Alter in die Hunderttausende ging, und die es waren, die immer wieder die Kriege anzettelten und globale Vergiftung verübten, und der Not und dem Elend, das ihre brutalen Pläne anrichteten, gleichmütig zusahen, schlimmer noch, es geradezu zu genießen schienen. Die hatten natürlich gewusst, was kommen würde, und sich die besten und sichersten Plätze reserviert. Ein paar hundert Millionen wollte man außerdem als Sklaven, und hatte sich die vermittels der Lotterie geschnappt. Für die anderen Milliarden gedachte man, vom Logenplatz mal wieder dem grauenvollen Ultramassensterben zuzusehen.
Es hatte sich furchtbar gerächt, dass man nach der Zeit des Throns nicht energisch nach den wahren Drahtziehern gesucht hatte. Aber die Jahre der Trauer waren so schrecklich gewesen, dass die Fremden das gut verstehen konnten. Alle wollten damals endlich Frieden, und so konnten die bösen Zehntausend, für die Jahrhunderte nicht zählten, sich verstecken und dann wieder die Kontrolle übernehmen, nur diesmal noch weit heimlicher und versteckter als zur Zeit des Throns. Und so hatte das Unheil schon wieder seinen Lauf genommen.
Esmaniom beriet sich mit seinen Führungsoffizieren. “Sicher, wir sollten uns nicht einmischen, aber ich glaube wirklich nicht, dass das ein Defekt dieser Spezies ist. Warum diese bösen Zehntausend so mächtig geworden sind, das vermag niemand mehr zu sagen. Mit jedem Einschlag des Schwarms ging wieder soviel Wissen verloren, und alle Forschung musste neu aufgebaut werden, die Zehntausend hatten leichtes Spiel. Also, ich schlage vor, wir schalten diese Bande aus, ich weiß, wie schwer sie bewaffnet sind, aber wir sollten es mit ihnen aufnehmen können. Und dann nutzen wir den Rest der Zeit, um mit dem Volk dieser Welt ein Archivsystem zu bauen, damit die Überlebenden nach der Katastrophe beginnen können, sich auf die nächste vorzubereiten. Ich warne euch aber noch einmal, die Zehntausend haben wirklich furchtbare Waffen, es werden vielleicht einige von uns sterben müssen. Also, wer ist dafür? Wollen wir unser Leben geben, um diesem Volk zu helfen?”
“Sie sind Monster”, sagte der erste Pilot. “Wenn ich an ihre gefolterten Kinder und die vergifteten und gemarterten Tiere denke, glaube ich, dass der Schwarm vielleicht nur ihre gerechte Strafe ist. Ich bin dagegen.” Und so viel Esmaniom auch argumentierte, dass doch niemand wissen könne, wie das Volk ohne die bösen Zehntausend wäre, es war eben leider ein Fakt, dass so viele des Volkes, manche sogar freudig, bei den schlimmen Taten der Zehntausend mitgewirkt hatten. Der Konsens der Mannschaft war und blieb, es sei genug des Guten getan, dass man das Volk die Herstellung eines Datenkristalls lehren würde, damit eine gute Basis und alles Wissen für die Zeit nach dem Kataklysmus vorhanden bliebe. Aber danach würde das Volk wieder alleine zurecht kommen müssen, diesen Kampf gegen das ewige Übel in ihm selbst würde es ohne Hilfe gewinnen müssen.
Still und ergeben hatte sich das Volk versammelt, an vielen Plätzen der Welt, um die Fremden zu verabschieden. Sie waren so lange geblieben, wie sie es nur verantworten konnten, aber in zwei Tagen würden die ersten Einschläge sein, und dann mussten sie fort sein. Auch die Fremden wussten nicht, wie man eine Katastrophe derartigen Ausmaßes überstehen könnte. Das goldene und silberne Leuchten der fremden Flotte stieg in den Himmel auf.
Und dennoch, dies waren die Monde der Stille, denn das Staunen über die Fremden hatte alle zum Schweigen gebracht. Und in dieser Stille geschah etwas im Herzen des Volkes. Und als wieder 12 Tausend Jahre vorbeigegangen waren, da hatte man einen fernen Mond umgeformt und kolonisiert, und konnte alle, und sogar viele Tiere dorthin evakuieren. Die Hilfe der Fremden, die wie versprochen pünktlich wieder erschienen, war hochwillkommen, und sie rettete vielen Wesen dieser Welt das Leben, denn so viele Mäuse, Spinnen und Käfer hätte das Volk dann doch alleine nicht transportieren können. Und dann war es nach den 1000 Jahren des Dunkels, das die Einschläge ausgelöst hatten, und als man endlich auf die Welt zurückkehren konnte, schon bald wieder so schön wie zuvor.
Und nun waren wieder 11 Tausend Jahre Zeit, und in diesen wollte man endlich die Waffen jenes sagenumwobenen Volkes finden, von dem die Fremden einst berichtet hatten. Mit diesen Waffen wollte man die Welt das nächste Mal schützen können, so dass alle, sogar noch der letzte Wurm, überleben würden. Man wollte den Schwarm jedoch nicht zerstören, denn er war, wie man auf dieser Welt endlich verstanden hatte, eines der vielen unbegreiflichen Wunder Gottes. Nein, man dachte an etwas viel Raffinierteres, nämlich an ein Kraftfeld, das die Meteore um den Planeten herumlenken und sie nach dem Passieren wieder genau auf ihre Bahn zurückbringen sollte.
Aber ob man diese Waffen fand, oder doch wieder Exil auf dem fernen Mond nehmen musste, als die 11 Tausend Jahre vorbei waren, das sei hier nicht erzählt, denn für solche Entdeckungen muss schließlich immer der Herrgott mithelfen. Und wer wollte Dem schon zu tief in die Karten sehen?
Addendum: Dies ist eine fiktive Science-Fiction-Geschichte von irgendwo im Universum. Aber sie hat einen durchaus realen Hintergrund, und wenn Sie dazu mehr erfahren möchten, lesen Sie bitte dieses Essay auf AGBUERE.