Es ist immer so trostlos, wenn behauptet wird, Sprache sei das, was den Menschen vom Tier unterscheide. Es hat sogar etwas geradezu Bösartiges, finden Sie nicht? Ich meine, Bienen haben eine Sprache (der Bienentanz, bereits von Aristoteles beschrieben). Oder Ameisen. Sogar Würmer haben eine! Ok das sind Pheromone und so, aber es ist eine Sprache. Die einen Würmer sagen was, und die anderen Würmer verstehen es.
Natürlich, wenn man qualitative Maßstäbe anlegt, dann weist die Sprache der Menschen durchaus eine hohe Komplexität und Memorabilität auf. Mit letzterem meine ich das Potential einer Sprache, dauerhaft erinnert, mithin an die nächste Generation einer Spezies weitergegeben zu werden. Pheromone in der Schleimspur von Würmern eignen sich dazu beispielsweise nicht sonderlich, der nächste Regen und Schwupps, während hingegen die Gesänge der Wale sich durchaus eignen könnten, wer weiß, vielleicht erzählen die Wale ihren Kindern ihre Sagen schon seit Anbeginn, und die merken es sich, und erzählen die Sagen wieder ihren Kindern. War ja auch bei uns Menschen lang genug so, könnte doch bei Walen (oder Delphinen, Elephanten, Gorillas) auch so sein?
Memorabilität bedeutet also, dass eine Sprache hinreichend präzise gedacht und wiedergegeben werden kann. Und das ist eine Eigenschaft, die ich der menschlichen Sprache freilich zugestehe, aber durchaus auch den Sprachen einer ganzen Reihe von Tieren. Selbstverständlich reden zum Beispiel Hunde mit uns, oder Pferde, oder Bären, soviele Tierarten! Es sind Fremdsprachen, keine Frage, und sogar ganz besonders schwierige Fremdsprachen, auch das sei zugegeben, aber dass Tiere mit uns (in ihrer Sprache) reden, das kann doch nur ein Kretin oder ein Teufel verneinen!
Warum ist das überhaupt wichtig, dass eine Sprache Memorabilität besitzt, d.h. Erinnerungen transportieren kann? Nun, wir alle (Lebewesen irgendwo im All) stehen einem unbegreiflichen und unendlich erstaunlichem Wunder gegenüber: Der Natur, auch bekannt als Schöpfung. Jeder von uns, vom kleinsten Bakterium bis hin zu den jahrmillionenalten Hütern der Galaxis. Und jeder von uns muss sofort nach Geburt schleunigst damit anfangen, dieses Wunder zu verstehen, denn wer es nicht tut, ist in nullkommanix tot. In dem Universum, in welchem wir sind, wirken nämlich völlig unbeschreibliche Gewalten, und wer denen in die Quere kommt, ist weg. Glücklicherweise, oder sollte man besser sagen gnadenhalber, sind jedoch alle Lebewesen mit einem umfangreichen Satz von Wissen bereits zum Zeitpunkt ihrer Geburt ausgestattet, sowie mit der Fähigkeit, mehr Wissen dem hinzuzufügen, vulgo, zu lernen. Die einen mehr, die anderen weniger, aber wenn nicht alle Lebewesen mit einem grundlegenden Satz von Wissen und Regeln für die Natur, so wie sie sich ihnen bietet – für Würmer sieht die Welt ganz anders aus als für uns, und für uns sieht sie anders aus als für Eulen, usw. – geboren wären, wären sie gar nicht da. Wir alle (sämtliche Lebewesen des Universums) müssen irgendwie mit den Energien und Bedingungen dieser (sich uns bietenden) Schöpfung zurechtkommen. Und dass wir das können, das eben ist das Wissen, das die Natur, sozusagen gnadenhalber, jedem Lebewesen erstmal mitgibt, egal, wo es ist im weiten All, und wie groß oder klein es ist.
Es gibt jedoch Spezies, die haben ein sehr hohes Potential zu lernen. Ein Bisschen lernt wohl jedes Lebewesen, bedeutet, entwickelt den ihm zum Zeitpunkt seiner Geburt mitgegebenen Satz von Wissen um die Natur weiter. Bei Würmern würde ich aber meinen, dass das nur eine Winzigkeit ist, wenn überhaupt. Ist ja gar nicht gesagt, dass alle Lebewesen lernfähig sind. Manche ganz bestimmt, zum Beispiel Menschen, aber auch Hunde, Elefanten, Löwen, bla, jeder Zirkus und jeder Landwirtschaftsbetrieb ist Beleg, aber das heißt doch noch lange nicht, dass es alle Lebewesen sein müssen. Will sagen, vielleicht ist das schon einmal die erste Gnade, die uns Menschen gegeben ist – wir vermögen es, zu lernen.
Naja, und das tun wir nun schon seit es uns gibt. Wir haben dabei eine äußerst komplexe Sprache entwickelt. Dabei geht es gar nicht um die “Dialekte”, die die menschliche Sprache so hat, es ist unerheblich, ob wir dabei über Deutsch reden, oder Englisch, Russisch, Chinesisch oder die nur mündliche Tradition von Indianern am Amazonas, die noch in der Steinzeit leben. Es geht dabei darum, dass Menschen, und sicherlich auch andere Lebewesen, die Fähigkeit haben, die äußerst komplexe Natur um sich herum zu beschreiben und ihr Wissen darüber weiterzugeben, und dabei spielen Grammatik, Syntax und Wortschatz zunächst gar keine Rolle. Sehen Sie, ich schrieb zwar, dass Lebewesen mit Wissen um die Natur geboren werden. Aber leider Gottes, es ist verdammt wenig, und es hat sogar den Anschein, je hochstehender ein Lebewesen erschaffen ist, desto weniger wird ihm mitgegeben, und desto mehr muss es lernen. Wir Menschen sind ja nicht die einzigen, die ohne Brutpflege unsere Geburt gar nicht überleben könnten, das fängt ja schon bei den Vögeln an. Natürlich gibt es Arten, da kommen die Neuankömmlinge sozusagen fertig zur Welt, Schildkröteneier im heißen Sand, zum Beispiel. Die kleinen Schildkröten, abertausende von ihnen, wissen sofort was sie tun müssen, nämlich ins Meer kriechen, und sind dann dort auch sofort überlebensbefähigt, aber nur ein winziger Bruchteil des Wurfs kommt dort tatsächlich an. Die Möwen wissen nämlich Bescheid, sie haben die Natur beobachtet und ihre Schlüsse daraus gezogen. Und so landen die allermeisten Schildkrötenkinder im Bauch von Möwen und weiterem Getier. Ich sagte es bereits, wer das unbegreifliche Wunder und die unbeschreiblichen Gewalten nicht versteht, in dem Wunder des um uns alle existierenden Universums, und in welches er mit seiner Geburt geworfen ist – der ist ganz schnell tot.
Aber obwohl es manche Tierarten gibt, deren Junge bereits selbständig überlebensfähig sind, würde ich dennoch meinen, dass absolut alle Lebewesen lernen. Können sie jedoch ihr Wissen mit anderen ihrer Art teilen? Vielleicht sogar mit anderen, die nicht ihrer Art sind? Und viel wichtiger: Können sie das erlernte Wissen an ihre Nachkommen weitergeben? Und falls ja, wie viel davon?
Sehen Sie, wenn es etwas gibt, das den Menschen von allen anderen Lebewesen auf dieser Welt unterscheidet (etwaige anwesende Außerirdische, also Wesen anderer Planeten, einmal ausgenommen), dann ist es überhaupt nicht die Sprache, sondern die Schrift. Denn die Schrift befähigt uns, Erlerntes zu konservieren und für die Nachwelt zu erhalten. Warum ist das so wichtig? Nun, das Universum ist der Ort eines völlig unbeschreiblichen und buchstäblich unendlichen Wunders, und ich weiß, dass ich mich wiederhole. Es ist nur so, vom Allerkleinsten, auf der Ebene der Atome, Elementarteilchen, oder noch darunter, bis zum Allergrößten, Planeten, Sonnen, Quasare, schwarze Löcher, Galaxien, es scheint gar kein Ende zu geben für das, was man wissen könnte, und was man vielleicht sogar wissen muss. Wer kann es schon sagen, wenn wir nicht rechtzeitig gewisse astronomische Zusammenhänge erlernen, dann gibt es eines Tages ein astronomisches Ereignis und die Spezies des Menschen wird ausgestorben sein. Weil wir besagtes Wissen nicht rechtzeitig erworben haben und uns deshalb nicht gegen das astronomische Ereignis schützen konnten.
Allerdings wird die Weite und die Gewalten der Schöpfung, welchen wir uns gegenübersehen, kein Lebewesen jemals irgendwo im All vollständig erforschen können. Es liegt in der Natur der Dinge, verstehen Sie? Das Universum ist die Schöpfung eines unendlichen Gottes. Den können Sie nennen wie es Ihnen beliebt, und wenn Sie sagen würden, Das wäre einfach nur die Summe der Energie der gesamten Schöpfung. Diese Energie ist jedenfalls da, und wäre Sie es nicht, könnte ich nicht darüber schreiben. Und Sie ist unendlich, jedenfalls in dem Sinne, dass Sie alles ist, Das existiert. Bedeutet, es ist auf jeden Fall soviel Wissen, das man erlernen könnte, dass man in Ewigkeit damit beschäftigt wäre. Denn so ist das nun einmal mit der Unendlichkeit, man braucht ewig, um sie zu erreichen.
Nun ja. Zurück zu der Frage, was es denn ist, was den Menschen vom Tier unterscheidet? Denn Sie müssen zugeben, wir essen, scheiden aus, atmen, schlafen, kopulieren wie die Tiere, auf dieser Ebene (des biologischen “Funktionierens”) ist wenig Unterschied. Wir essen allerdings mit Messer und Gabel, und wir kleiden uns. Und hieran sehen Sie die Bedeutung der Schrift. Sicher kann man vieles auch mündlich weitergeben, aber lange nicht so viel, als wenn man schier unbegrenzt Wissen mittels Schrift speichern kann. Und den Effekt dessen sehen wir an unserer Kultur. Vergleichen Sie die mal mit der Kultur von Elefantenherden. Natürlich ist auch die ausgefeilt und komplex, aber das ist noch nicht einmal im Ansatz ein Vergleich zu der des Menschen.
Es heißt, die Feder sei mächtiger als das Schwert. Das ist doch erstaunlich, nicht? Die Fähigkeit, Worte – früher mit in Tinte getauchter Feder, heute mittels Bytes in Abermilliarden von Computern – niederzuschreiben sei stärker als Waffen, wird also behauptet. Aber das ist eigentlich gar nicht überraschend. Man kann schließlich das Wissen um bessere Waffen niederschreiben, um nur das trivialste Argument zu bemühen. Und wenn man solcherart Wissen dann an andere weitergeben kann, hat eben am Ende die Feder, ohne die das (Weitergeben) nicht möglich gewesen wäre, tatsächlich gegen die Waffen gewonnen.
Sie mögen vielleicht einwenden, aber das hätte man doch auch rumerzählen können, das mit den besseren Waffen. Nun, das könnte für Pfeil und Bogen klappen, aber nicht für Schießpulver und erst recht nicht für Atombomben. Unsere Schrift vermag nämlich Sachverhalte auszudrücken, für welche es gar keine Sprache gibt, oder wenn doch, die sich nicht oder nur schwer mit Worten transportieren lassen. Klar, man kann e = mc2 auswendig lernen, aber dreitausend Seiten solcher und noch viel komplexerer Formeln? Es ist offensichtlich, wenn das Wissen aufgeschrieben ist, und jeder es für sich erlernen kann, dann ist das mindestens weit effizienter, aber auch viel präziser, als wenn einer es vorträgt, und der andere es auswendig lernen muss, um es wiederum vortragen zu können.
Aber am Ende ist es auch nicht die Schrift, welche uns unterscheidet. Es ist sogar so, dass es gar nicht gesagt ist, ob uns überhaupt etwas von den Tieren unterscheidet. Sehen Sie, Schrift, das ist sozusagen nur geronnene Sprache. Gesprochene Worte sind sozusagen flüchtig, und schwierig zu bewahren, während Schrift dauerhaft ist und außerdem überhaupt nur erfunden wurde, um Wissen zu konservieren. Bei der Frage, ob uns etwas von den Tieren unterscheidet, muss es also um etwas anderes gehen. Und das ist der Inhalt unseres Denkens, und folglich unserer Sprache und unserer Schrift.
So ein Löwe hat sicherlich Wege, seinem Rudel zu sagen, dass da eine Antilope ist, und er hat bestimmt auch Mittel, seinem Nachwuchs beizubringen, wie diese zu erlegen ist. Hätte er Schrift, so könnte er all das sicherlich weit effizienter tun, aber in der Sache würde sich nichts ändern. Der Löwe will überleben, und er hat die Natur soweit verstanden, dass ihm dies gelingt. Nun, überleben wollen wir Menschen auch, aber wir wollen noch viel mehr. Wir wollen zu den Sternen, beispielsweise. Vielleicht wollen zwar Löwen auch zu den Sternen, obwohl ich das stark bezweifeln würde. Aber wir hätten eine Chance, Löwen nicht. Der Unterschied zwischen Mensch und Tier liegt also darin, dass Menschen Ziele haben (könnten), die über das eigene Überleben beziehungsweise das Überleben der eigenen Art hinausreichen. Es ist ja nicht so schwer, sich eine Welt vorzustellen, in der Menschen einfach nur sammeln und jagen, und ansonsten Kinder großziehen. Solche Welten gab es immer und gibt es bis heute, in den Steppen der Kalahari und an vielen anderen Orten.
Aber es werden immer weniger solche Orte, und warum ist das so? Weil wir Menschen uns in das Wissen und die Erforschung des Seienden verliebt haben. Verbringen Sie einmal einen Nachmittag in den Sozialen Medien, oder setzen Sie sich abends an den Stammtisch, und Sie haben es greifbar vor Augen, wie wichtig es den Menschen ist, ihr Verständnis von der Welt anderen zur Kenntnis zu bringen, und die Meinung anderer darüber zu hören. Ich denke, wir sind so erschaffen … Was auch immer uns hervorgebracht hat, es hat uns mit dieser Eigenschaft versehen, dass wir zu den Sternen wollen, verkürzt gesagt. Und um das zu belegen, muss man gar nicht so sehr unser Wissen beurteilen, sondern es findet sich vor allem in unserer Kunst, in unseren Liedern und in unseren Geschichten. Gott schuf uns nicht als Vieh, sondern als Sternenwanderer.
Zu dumm, dass es so viele sind, die nichts anderes sein wollen als Vieh, und wenige, die sich das zum bösesten Nutzen machen. Allerdings, es gibt Hoffnung. Wer einmal einen Zipfel des göttlichen Wunders erhascht hat, der will nie mehr Vieh sein, und wird das auch seine Kinder lehren. Und also wird, so Gott will und wir fleißig lernen, der Mensch eines Tages zu den Sternen gehen.